Die bronzezeitlichen Funde der Schlacht im Tollensetal brauchen eine bessere Präsentation am Fundort, dass sie im Mecklenburg-Vorpommern bekannter werden und von Tourist*innen aus aller Welt besichtigt werden können.

Der Landtag hat heute beschlossen, dass die Landesregierung die touristische Erschließung und Intensivierung der Grabungsaktivitäten im Tollensetal erarbeiten soll. Das LAKD soll mit allen relevanten Partnern ein Konzept bis September 2023 erarbeiten. Den Antrag hat die SPD-Fraktion eingebracht. Mein Kollege Thomas Krüger und ich haben dazu im Landtag gesprochen.

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In einer spannenden Debatte wurde deutlich, dass es bereits Mittel für ein Projekt gibt, dass die touristische Erschließung im Tollensetal vorantreiben soll. Hierfür stehen dem Landkreis Mittel aus dem Strategiefonds und dem Wirtschaftsministerium zur Verfügung, das für wissenschaftliche Fachkräfte in Kooperation mit der Universität Greifswald und für eine Anschubfinanzierung für die ersten Umsetzungsschritte eingesetzt werden kann. Ich bin gespannt, was daraus in den nächsten Jahren entsteht.

Priorität sollte nach wie vor das Archäologische Landesmuseum haben, das im Altstadthafen von Rostock neu gebaut werden soll. Hier gilt es, nun schnell ein Team einzusetzen, dass das Museumskonzept erarbeitet, und Möglichkeiten für eine potentielle zukünftige Erweiterung offen zu halten.

Meine Rede im Wortlaut zum Nachlesen:

Archäologische Schätze im Tollensetal touristisch erschließen

Im Tollensetal bei Altentreptow befindet sich eine der 50 wichtigsten Archäologischen Grabungsstätten der Welt, so konnte man es zu Jahresbeginn der New York Times entnehmen.

Kennen Sie nicht? Sollten Sie! Im Sommer wurden die Funde im British Museum ausgestellt. Es ging um das Zeitalter von Stonehenge – das kennen Sie sicher?! Unsere Funde lagen neben der Himmelsscheibe von Nebra – die kennen Sie auch sicherlich?! Eine Präsentation im British Museum ist der Adelsschlag für Kulturschätze.

Was sich im Tollensetal erforschen lässt, ist bedeutsam wie das Tal der Könige in Ägypten, die Angkor-What-Tempelanlagen in Südostasien, der Schatz des Priamos in Südwestasien, der Machu-Picchu in Südamerika. Das ist Weltrang. Diese archäologischen Fundstätten sind bekannte touristische Destinationen. Dafür sparen manche Leute längere Zeit, um sie sehen zu können.

In Mecklenburg-Vorpommern sind die Funde des Tollensetals bislang vor allem Spezialistinnen und Spezialisten bekannt, aber jeder und jede sollte das kennen. Das gehört zur Heimatbildung in Mecklenburg-Vorpommern.

Was hat man da gefunden? Für die einen ist es: ne alte Straßenbefestigung, viele alte Knochen und Altmetallschrott, von dem sich manches vielleicht noch auf nem Flohmarkt verhökern ließe. Alles im Sumpf versunken.
Für die Auskenner ist es: die älteste Fahrbahn Mecklenburg-Vorpommerns, die Nord- und Südeuropa verbunden hat;
Es ist das einzig nachweisbare bronzezeitliche Schlachtfeld der Welt, das mit seinen Funden zeigt und belegt, was man aus Schriftquellen in anderen Teilen Europas und Nordafrikas nur mit viel Phantasie erschließen konnte: Einen Knochen, in dem eine tödliche Pfeilspitze steckt, hat man erstmals hier gefunden.
Vor allem aber zeugen die Metallfunde, Metallschmuckstücke und Waffen von einer internationalen Vernetzung und einem Wohlstand, den man nun für unsere Region und für ganz Nordeuropa in der Bronzezeit nicht mehr leugnen kann. Das revolutioniert die Geschichtsschreibung.
Wir sprechen hier von 1300 vor Christus plus minus 300 Jahre. Das war lange vor den Römern, Alexander dem Großen – aber ziemlich zeitgleich mit Ramses dem Großen. Der Spruch „Als wir noch auf den Bäumen saßen“ – muss nun wohl revidiert werden. Darüber hinaus geben die Funde der Wissenschaft viele Rätsel auf, die noch gelöst werden müssen.

Als Abgeordnete des Landtags würde ich mir wünschen, dass vonseiten der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weitere Drittmittel aus dem Wissenschaftskontext beantragt werden statt stets nur nach Landesmitteln zu suchen. Das DFG-Projekt war ein guter Anfang, jetzt weiter. Bei EU-Programmen und auch umfangreichere Programme von Stiftungen sollten zumindest einen Versuch wert sein. Wo das Land helfen kann, tut es das auch.

Dazu kommt, dass die Fundstätte gefährdet ist: Drainage lässt den Wasserspiegel sinken und damit dringt Luft in den austrocknenden Moorkörper ein, die für die Korrosion der Metallgegenstände und der Textilien führt. Auch die Klimaerhitzung trägt dazu bei. Und schließlich verlagert die Tollense in ihrem naturbelassenen Flussbett ihren Verlauf, sodass ständig Objekte freigelegt werden, die geborgen werden müssen. Hier forscht Prof. Martijn Manders aus Leiden gemeinsam mit Prof. Terberger von der Uni Göttingen und dem LAKD mit Studierenden aus Greifswald zu Herausforderungen und Lösungsmöglichkeiten der Konservierung in einem internationalen Verbund im Rahmen von Summer Schools.

Darüber hinaus engagieren sie ehrenamtliche Bodendenkmal-pflegerinnen und Bodendenkmalpfleger, sowie die Unterwasserarchäologinnen und Unterwasserarchäologen des Landes weiter um die Sicherung der Funde. Vielen Dank für Ihr Engagement!

Aber nicht nur die Bodendenkmalpfleger engagieren sich. Der junge Architekt Marc William Ruiken hat in seiner Diplomarbeit einen Entwurf für einen Museumsbau vorgelegt, veröffentlicht 2019, populärwissenschaftlich in der Zeitschrift Pommern.

Folgendes ist zu tun und dafür stellen wir diesen Antrag:

  • Das Grabungsgebiet und die Funde müssen touristisch erschlossen werden, um sie in Mecklenburg-Vorpommern bekannt zu machen und sie als touristische Destination nutzen zu können.
  • Der Schutz und die Erhaltung der im Boden verborgenen und im Moorkörper konservierten Kulturschätze müssen dabei besonders berücksichtigt werden. Auch Möglichkeiten zur Intensivierung der bisherigen Ausgrabungen müssen in Betracht gezogen werden.
  • Berücksichtigung finden muss ein integriertes Gesamtkonzept für die Funde im Tollensetal gemeinsam mit dem Archäologischen Freilichtmuseum Groß Raden und dem demnächst entstehenden Archäologischen Landesmuseum in Rostock.
  • Federführung soll das LAKD haben, denn hier laufen alle bisherigen Aktivitäten zusammen.
  • Weitere Verantwortliche sind einzubeziehen, im Antrag ohne Anspruch auf Vollständigkeit aufgeführt: der Tourismusverband MV, die kommunal Verantwortlichen, insbesondere die Stadt Altentreptow und das Amt Tollensetal, Pädagoginnen und Pädagogen, die ehrenamtlichen Bodendenkmalpflegerinnen z.B. in der Gesellschaft für Archäologie oder der Gesellschaft für Schiffsarchäologie.
  • Nicht zu vergessen: der Kreis MSE und die Universität Greifswald. Hier liegen rund 1 Mio Euro Fördermittel für zwei Mitarbeitende und einen Anschub zur Umsetzung vor Ort bereit. Dieses Projekt hat eine Laufzeit von etwa 3 Jahren. Die Verantwortlichen sollten hier nun zeitnah zusammenfinden, um damit loszulegen.
  • Bis zum September 2023 soll die Konzeption zur touristischen Erschließung vorliegen.

Als es 2015 die ersten Veröffentlichungen aus dem DFG-Projekt zu den Funden im Tollensetal gab, habe ich sie auf Facebook geteilt. Ich war damals noch Wissenschaftlerin und wollte gern zeigen, was es in meiner Wahlheimat Vorpommern für interessante Orte gibt. Die Reaktionen haben mich erstaunt: Kollegen von New York bis Neuseeland meldeten sich und fragten, wann sie mich besuchen können, um sich das mal anzusehen. Diese Funde würden so manche ihrer Ansätze bestätigen, aber auch neue Perspektiven aufwerfen. Ich habe sie gern eingeladen, sobald es vor Ort etwas zu sehen gäbe.
Zu sehen gibt es bis heute nur mit Glück etwas, oder wenn man über den Bodendenkmalpfleger-Buschfunk hört, dass dort gegraben oder getaucht wird. Die Funde selbst wurden in der Wanderausstellung „Blutiges Gold“ an vielen Stellen im Land und darüber hinaus gezeigt, nur nicht in der Nähe des Fundortes. Das muss sich ändern, das wollen wir mit unserem Antrag erreichen. Darum werbe ich für Ihre Zustimmung.

Unter diesem Link finden Sie den Wortlaut des Antrags. Er wurde im Landtag beschlossen: Archäologische Schätze im Tollensetal erschließen