Vor 30 Jahren eskalierte in Rostock-Lichtenhagen der Fremdenhass. Die rassistischen Gewalttaten gegenüber den eigenen Nachbarn zeigen, dass die demokratische Gesellschaft stets wachsam und verantwortungsvoll auf die demokratischen Werte achten muss. Die Proteste der wütenden Bürgerinnen und Bürger vor 30 Jahren waren eben keine demokratischen Proteste.

Vor 30 Jahren eskalierte in Rostock-Lichtenhagen der Fremdenhass. Tagelang dauerten die brutalen Übergriffe auf ein Wohnheim für Menschen aus Vietnam. Tagelang mussten Menschen dort um ihr Leben fürchten. Vor ihrem Wohnheim tobte ein ausländerfeindlicher, rassistischer Mob und stachelte die rechten Angreifer applaudierend weiter an. Sie warfen Steine und Molotowcocktails auf das Haus. Politik und Polizei waren überfordert. Es war eine Eskalation mit Ansage und eine von vielen im Bundesgebiet.

Die Liste der fatalen Fehler bei Politikern, Behörden und Polizei, die den Ausschreitungen in Rostock vorangingen, ist lang. Aber eine der unsäglichen Folgen jener Taten war dann die Verschärfung des Asylgesetzes. Unsäglich, weil unsere Demokratie niemals erpresst werden darf, auch nicht mit Gewalt.

Pistole mit Knoten im Lauf, Skulptur

Mecklenburg-Vorpommern soll ein weltoffener Ort sein, ein Land zum Leben. Hier sollen alle Menschen unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Religionszugehörigkeit oder sexueller Orientierung sicher und frei leben können. Diese Werte des Grundgesetzes sollten von allen Bürgerinnen und Bürgern immer und täglich verteidigt werden. Die Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen haben gezeigt, wie leicht sich ganz normale Leute in ihrem Ärger und Frust von rechtsextremen Ideologen zu rassistischen Gewalttaten oder zur Unterstützung solcher Taten aufstacheln lassen.

Auch dieser Teil der Geschichte gehört nun mit zu unserer Geschichte. Sie soll uns Warnung sein, dass wir für die demokratischen und weltoffenen Werte unserer Heimat in Mecklenburg und Vorpommern stets gemeinsam einstehen müssen. Niemals wieder darf sich Kritik an den Verhältnissen im Land vor den Karren von rechtsextremen Ideologien spannen lassen.

Die rassistischen Gewalttaten gegenüber den eigenen Nachbarn zeigen, dass die demokratische Gesellschaft stets wachsam und verantwortungsvoll auf die demokratischen Werte achten muss. Die Proteste der wütenden Bürgerinnen und Bürger vor 30 Jahren waren eben keine demokratischen Proteste. Sie haben ganz klar gegen die demokratischen Prinzipien unserer Gesellschaft verstoßen, sie haben unser Grundgesetz als wütende Meute mit Füßen getreten. So etwas darf nie wieder passieren. Darum müssen wir gemeinsam darauf achten, dass berechtigte Proteste friedlich sind und sich nicht gegen die eigenen Nachbarn oder gegen Schwache in der Gesellschaft richten. Wo sich Frust und berechtigte Kritik gegen einen Sündenbock in der Gesellschaft aufhetzen lassen, sind Demonstrationen nicht in der Tradition der Friedlichen Revolution von 1989. Wer mit Rechtsextremen demonstriert und völkische, ausgrenzende Positionen dabei akzeptiert, lässt sich von den Gegnern der Demokratie missbrauchen oder ist selbst wie einer der Menschen damals in Lichtenhagen. Dagegen gilt es uns und unsere offene Gesellschaft gemeinsam zu schützen.

Bürgerliche Proteste sind ein wichtiges demokratisches Mittel der Meinungsäußerung. Sie können aber von Demokratiefeinden schnell missbraucht werden. Das ist die mahnende Botschaft vom brennenden Sonnenblumenhaus in Rostock Lichtenhagen 1992 und vielen anderen Orten in jener Zeit.