Das Landesjagdgesetz wurde vom Landwirtschaftsministerium überarbeitet. Mit den betroffenen Verbänden wurde es diskutiert und nun im Landtag in der ersten Lesung eingebracht. Ich habe für die SPD dazu gesprochen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
Sehr geehrte Damen und Herren,

Jagd ist ein kontroverses Thema in unserer Gesellschaft. Im Jagdgesetz des Bundes und unseres Landes sind die Regeln aufgeschrieben, die sich unsere Gesellschaft für die Jagd gibt. Es ist ein ausgehandelter Kompromiss zwischen Tierschutz, Naturschutz, Grundstücksbesitzern und Grundstücksnutzern und nicht zuletzt den Jägern. Jägerinnen und Jäger üben die Jagd als Handwerk aus, in unserem Land zu allermeist ehrenamtlich. Danke für Ihr Engagement für unsere Kulturlandschaft. Das heißt aber auch, das Jagdgesetz ist nicht nur ein Gesetz für die Jägerinnen und Jäger. Es regelt die Jagd für unsere Gesellschaft und die Natur, in der wir leben. In Zeiten des Klimawandels, einer sich ändernden Agrarstruktur und eines wachsenden Umweltbewusstseins in der Bevölkerung sind notwendige Anpassungen des Landesjagdgesetzes notwendig.

Diese Gesetzesnovelle ist auch deswegen nötig, weil die bereits fertig ausgearbeitete Novellierungen des Bundesgesetzes in der vergangenen Legislaturperiode am Bayrischen Veto der CDU/CSU-Fraktion gescheitert ist. Aber wir als SPD-Fraktion, die mit der Fraktion Die Linke die Regierung unseres Landes stützt, wollen in Mecklenburg-Vorpommern den Wandel nicht aussitzen, bis er über uns hereinbricht. Wir wollen ihn gemeinsam mit allen Verantwortlichen und Betroffenen rechtzeitig gestalten, trotz widerstreitender Positionen. Dabei trifft ein massiver Veränderungsdruck durch den anstehenden Waldumbau im Klimawandel auf eine Grundstimmung in der Bevölkerung, die von Zukunftsängsten und einem Gefühl von Niedergang geprägt ist. Dazu gehört auch das Gefühl, am Katzentisch zu sitzen, wie es Herr Diener für den Landesjagdverband erfühlt. Als Diplompsychologin weiß ich, dass Gefühle immer eines Realitäts-Checks bedürfen. Diese Emotionen, dieser Kulturpessimismus befeuern den Konflikt auf allen Seiten, egal ob die einen Weiterso wie bisher machen wollen oder ob der Druck, jetzt endlich was zu ändern, als übermächtig groß erlebt wird.

Ich möchte darum an dieser Stelle um eine gute Gesprächskultur zwischen den Verantwortlichen werben: Sich selbst über die eigene Position klar werden, sie klar kommunizieren, zuhören und verstehen, warum der andere eine andere Position hat und auch ein Mit-Verstehen entwickeln. Dazu gehört auch, es auszuhalten, dass sich die eigene Position nicht immer durchsetzt. Wenn die einen recht zufrieden wirken, während die andere massiv dagegen sind, ist der beste Kompromiss wohl noch nicht so ganz gefunden. Fatal wäre es, wenn sich am Ende das einseitige Argument / die schlechtere Lösung durchsetzt, weil die Argumente auch von Minderheiten nicht gehört werden, sondern eine andere Position einfach so weggestimmt wird. Wir gestalten das gemeinsam in Mecklenburg-Vorpommern.

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Die Regierung hat ihren Gesetzentwurf vorgelegt. Darin sind Ergebnisse aus Gesprächen seit 2019 wie dem runden Tisch „Wald und Wild“ eingeflossen. Über 30 Stellungnahmen von besonders betroffenen Verbänden wurden einbezogen: Waldbesitzer, Naturschutz, Jagdverbände, Landkreise als untere Jagdbehörden, sogar der Anglerverband und der Landesverband des Deutschen Falkenordens haben ihre Standpunkte eingebracht. Für das Statement des Landesjagdverbandes hat der eigenständig 3 große Versammlungen im Land organisiert und alle seine Mitglieder um Rückmeldungen gebeten. Ich selbst war bei einer dieser Versammlungen dabei und bin beeindruckt, wie dort Beteiligung der Mitglieder mustergültig organisiert wird. Und trotz all dieser Anstrengungen, konnte zwischen den beteiligten noch kein solcher Kompromiss gefunden werden, dass alle gleichermaßen zufrieden und unzufrieden sind.

Mit dem Jagdgesetz werden dabei ziemlich dicke Bretter gebohrt. Denn das Wild muss so reguliert werden, dass eine Dauerwaldbewirtschaftung mit Naturverjüngung möglich wird. Das heißt, der Wald soll sich selbst aussamen und nachwachsen. Das ist Konsens. Ist der Wildbestand zu groß, ist das nicht möglich, weil die Tiere die jungen Triebe und Knospen abfressen bzw. „verbeißen“ und damit das Wachstum verhindern. Die Frage ist nun, wie Naturverjüngung des Waldes erreicht werden kann. Die Wege dorthin sind kontrovers. Besonders heikel sind hier die Punkte:

  • Mindestabschusszahlen statt Abschussplanung mit Obergrenze,
  • Wildwirkungsmonitoring: bisher mit guten Erfahrungen in den Wäldern der Landesforst, nun gesetzlich auf allen Waldflächen möglich, um der Abschussplanung in allen Revieren eine entsprechende Planungsgrundlage zu schaffen,
  • Aufgrund der Klimaerhitzung und immer längerer Trockenperioden müssen solche Baumarten eingeführt werden, die längere Trocken und Hitzeperioden vertragen. Das sind dann z.B. Eichensorten aus südlicheren Regionen Europas. Solche neuen aber standortgerechten Baumarten werden bevorzugt vom Wild verbissen. Um den Waldumbau bezahlbar zu ermöglichen, soll hier auf einen Zaunbau verzichtet werden können. Auch dafür muss der Wildbestand verringert werden.
  • Mindestpachtzeiten: Investitionen in jagdliche Einrichtungen wie Hochsitze müssen sich auch langfristig lohnen, darum schein eine zu kurze Pachtzeit nicht sozial verträglich und wohl auch für eine nachhaltige Hege wenig geeignet. Eine zu kurze Pachtzeit benachteiligt wohl vor allem die heimischen Jagdpächter, die nicht so gut betucht sind.

Darüber hinaus regelt die Novelle aber auch genau das, was dazu im Koalitionsvertrag beschrieben ist:

  • Jagdgenossenschaften erhalten kostenlos Daten aus dem Liegenschaftskataster für ihr Jagdkataster,
  • Bleihaltige Munition wird verboten,
  • Das Wildwirkungsmonitoring wird auf alle Wälder ausgeweitet.

Darüber hinaus werden weitere Aspekte

  • Entbürokratisierung durch die dreijährige Abschussplanung bei Dam-, Rot- und Schwarzwild und die zivilrechtliche Regelung der Abschussplanung für Rehwild, sowie die Übermittlung des Gesamtabschussplanes durch die Hegegemeinschaft statt jeweils eine Vorlage des jeweiligen Jagdausübungsberechtigten bei der Unteren Jagdbehörde.
  • Gerade letzteres stärkt ja die Hegegemeinschaften anstatt sie zu schwächen, wie Herr Stein behauptet hat.
  • Die Bejagung von Eigenjagdbezirken von Amts wegen, wenn die Abschusspläne in Eigenjagdbezirken nicht erfüllt werden.
  • Verordnungsermächtigung für die Bejagung des Wolfes, sodass bei der Änderung des Rechtsrahmens unkompliziert durch den Minister eine Regelung erlassen werden kann.
  • Gerade die Bejagung mit Drohnen hat nun keinen Eingang mehr in das novellierte Gesetz gefunden.

Im Jagdgesetz sind viele Verordnungsermächtigungen, um einzelne Sachverhalte an aktuelle Entwicklungen durch Erlass schnell zu regeln. Herr Diener sprach in seiner Rede von einem „Ermächtigungsgesetz“. Ich würde doch raten, von solch einer Wortwahl abzusehen. Das Ermächtigungsgesetz hat 1933 den Rechtsstaat der Weimarer Republik abgeschafft und Adolf Hitler mit demokratischen Mitteln zum Diktator gemacht.

Ich werbe bei allen darum, weiter miteinander in der Sache im Gespräch zu bleiben. Denn für uns ist klar, wir wollen beides, Wald und Wild.

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